Resilienz - die Bausteine für das persönliche Krisenmanagement

zusammengestellt von Regine Pfeiff

Der Begriff Resilienz ist in aller Munde. Auch wir ehrenamtlichen Begleiter:innen der Ambulanten Hospizarbeit Gifhorn haben uns mit dem Thema beschäftigt.

Resilienz – auch als psychische/seelische Widerstandsfähigkeit, als das Immunsystem der Seele oder Stehaufmännchen-Kompetenz bezeichnet - ist (im weiten Sinne) die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung psychischer Gesundheit während oder nach stressvollen Lebensereignissen.

Wie verschiedene Studien belegen, bilden sieben Resilienzfaktoren die entscheidenden Bausteine für unser persönliches Krisenmanagement. Diese Schutzfaktoren beeinflussen sich wechselseitig.

Dazu gehören: Optimismus - Akzeptanz - Lösungsorientierung - Selbstwirksamkeit - Verantwortung übernehmen - Netzwerkorientierung - Zukunftsorientierung.

Optimismus: bedeutet eine positive Weltsicht und ein positives Selbstbild zu haben, allerdings geht es hier um einen realistischen Optimismus.

Mit welcher Grundhaltung wir auf die Welt schauen und auf die Menschen in unserer Umgebung zugehen, wirkt wie ein Sieb für unsere Wahrnehmung (Selektive Wahrnehmung, Wahrnehmungsfilter). Optimisten und Pessimisten unterscheiden sich also in der Art und Weise, wie sie sich selbst, andere Menschen und die Welt sehen, fühlen und erleben.

Akzeptanz: bedeutet die Akzeptanz des Unabänderlichen, Akzeptanz der Angst und Selbstakzeptanz.

Unglück, Enttäuschung und Widrigkeiten sind Teile des Lebens, die sich weder vermeiden noch spurlos beseitigen lassen. Veränderungen – auch negative – gehören zum Leben dazu. In der Regel gehört zu einer Krise auch immer das Gefühl der Angst.

Resiliente Menschen akzeptieren sich selbst mit ihren Stärken und mit ihren Einschränkungen und gehen versöhnlich mit ihren ungeliebten Anteilen um. Sich zu akzeptieren heißt keinesfalls, zu resignieren, alles in Ordnung zu finden und sich keine Mühe mehr zu geben.

Ganz besonders wichtig ist, dass Akzeptanz ein Prozess ist.

Sie ist die Frucht einer oft mühsamen Auseinandersetzung mit ungewollten Realitäten, die ihre Zeit braucht. Akzeptanz heißt, sich Schritt für Schritt der Wirklichkeit zu öffnen, um sie zu begreifen und anzunehmen. Dabei ist Geduld -als eine Wartekraft- eine aktive und bewusste Entscheidung dafür, dem Werden und der Entwicklung den nötigen Raum zu geben. Der Prozess der Akzeptanz ist Versöhnungsarbeit.

Lösungsorientierung: bedeutet - im Gegensatz zur Problemorientierung - eine grundsätzliche innere Haltung, Prozesse weiterzubringen.

Dazu gehören: Optionen entwickeln zu können, die Bereitschaft und Fähigkeit zu flexiblem Denken, kreatives Denken und produktives Denken. Sich auf Lösungen zu fokussieren, öffnet den Blick nach vorne und schafft Energie für das Wesentliche.

Das bedeutet nicht, Probleme zu ignorieren oder Schwierigkeiten zu übersehen. Denn aus Problemen werden jetzt Aufgaben und Herausforderungen.

Selbstwirksamkeit: bedeutet, dass wir fest davon überzeugt sind, trotz größerer Schwierigkeiten ein Ziel erreichen zu können.

Bei diesem Schlüssel geht es darum, dass wir uns unserer Kompetenzen besser bewusst werden und einiges dafür tun, um das Vertrauen in unsere eigene innere Stärke zu steigern.

Dazu gehört: sich selbst regulieren zu können, die Selbstdisziplin/ Selbstkontrolle und die Selbststärkung/Stressbewältigung. Bei der Selbstwirksamkeit geht es also darum, in der Lage zu sein, aus eigener Kraft etwas zu bewirken.

Verantwortung übernehmen: bedeutet, dass wir zu dem, was wir tun oder unterlassen, stehen und die Konsequenzen dafür tragen.

Um Verantwortung übernehmen zu können, müssen wir die Opferrolle verlassen. Schuldgefühle bzw. Schuldzuweisungen verhindern nur, dass Verantwortlichkeiten und Einflussmöglichkeiten geklärt und konkrete Schritte zur Verbesserung oder Veränderung eingeleitet werden.

Wenn wir statt Schuld die Verantwortung übernehmen, werden wir frei, auf schwierige Problemlagen angemessene Antworten zu finden und umzusetzen. Verantwortung zu übernehmen statt Schuld zu verteilen macht konstruktiv und handlungsfähig.

Wir können unser Leben in die Hand nehmen, wir können Pro-aktiver Gestalter sein.

Netzwerkorientierung: bedeutet gute soziale Kontakte aufzubauen und zu pflegen, sie sind für uns lebenswichtig.

Netzwerke basieren auf der Erkenntnis und dem Bewusstsein, dass wir nicht alles selbst tun und können müssen. Ein wichtiger Aspekt für gute Beziehungen ist das Prinzip der Wechselseitigkeit (Reziprozität). Die Qualität unserer Beziehungen macht einen großen Teil unserer Lebensqualität aus. Es gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen, mit anderen zusammen zu sein und von anderen Wertschätzung und Anerkennung zu erfahren. Soziale Netze geben emotionale Stabilität und vermitteln das Gefühl, einen festen Platz im Leben zu haben und dazuzugehören. Dafür müssen sie weder groß noch zahlreich sein. Vielmehr kommt es auf die Qualität der Beziehung und der Unterstützung an.

Resiliente Menschen zeichnen sich durch ausgeprägte soziale Kompetenzen, Empathie und Soziale Flexibilität aus.

Zukunftsorientierung: bedeutet zu wissen, dass die Zukunft für uns neue Chancen und Möglichkeiten beinhaltet, unabhängig davon was in der Vergangenheit war und in der Gegenwart ist.

Die Zukunft ist die Zeit, die wir durch Vorbereitung (mit)gestalten können, indem wir die Erfahrungen der Vergangenheit und die Tendenzen der Gegenwart verwerten. Zur Zukunftsorientierung gehört auch die Zielorientierung: Wir müssen von der Absicht zum Handeln kommen. Der feste Glaube daran, das Leben vertrauensvoll selbst in die Hand nehmen und Krisen meistern zu können – allein oder mit fremder Hilfe –, gibt resilienten Menschen eine feste Basis für ihre Unternehmungen.

Resiliente Menschen planen ihre Zukunft, stellen sich Herausforderungen, erwägen Alternativen, schmieden Pläne und arbeiten an ihren Wünschen und Visionen.

Resilienz ist ein aktiver und dynamischer Prozess und kein starres Persönlichkeitsmerkmal. Belastbarkeit ist nicht einfach die Unempfindlichkeit gegen Stress, sondern Folge eines aktiven und dynamischen Anpassungsprozesses.

Wofür brauchen wir Resilienz?

Als psychische Widerstandsfähigkeit in Extremsituationen, als Grundhaltung in allen Aspekten des Alltagslebens, als Kompetenz der bewussten Lebensgestaltung und persönlichen Entwicklung. Man kann also Resilienz als zentrale Kraft im Leben bezeichnen.

Doch wie schaffe ich es, ein resilienter Mensch zu werden?

Die Rolle der Gene wird zur Zeit immer noch kontrovers diskutiert. Aber Resilienz ist erlernbar und trainierbar.

Viele der Faktoren können aktiv gestärkt werden und jede und jeder kann seine Resilienz aktiv fördern. Von großer Bedeutung ist dabei die Kindheit. Doch auch wenn die Voraussetzungen dafür in der Kindheit kaum gegeben waren, haben wir die Möglichkeit, uns ein Leben lang weiterzuentwickeln. Eine große Rolle spielt dabei die soziale Umwelt.

Resiliente Individuen sind nicht aus sich selbst heraus widerstandsfähig.

Resilienz ist ohne unterstützende Interaktionen im Sozialen nicht zu denken.

Doch es ist auch auf die Grenzen der Resilienz hinzuweisen: eine absolute Unverletzbarkeit ist im menschlichen Dasein nicht gegeben.

 

Quellen:

Monika Gruhl, Die Strategie der Stehauf-Menschen     Krisen meistern mit Resilienz

Kreuz Verlag     ISBN 973-3-7831-3444-5

 

Prof. Dr. Jutta Heller. Resilienz     7 Schlüssel für mehr innere Stärke

GU     ISBN: 3833827351  

 

LIR (Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz)

Forschung und Beratung